... Siegrun Appelt zeigt in einer ihrer Videoarbeiten Bilder einer im Bau befindlichen Tiefgarage, deren diffuses Neonlicht die Kamerabilder flach und fahl macht, alles Farbige jedoch hervorhebt. Das Interesse des Betrachters richtet sich auf die Farbflecken von Abfallhaufen, vorbeifahrenden gelben Gabelstaplern und blauen Tonnen u.ä. Es entsteht eine vermeintlich zufällige Komposition von Farben, deren Träger deutlich sichtbar und erkennbar sind, jedoch zugunsten der Konzentration auf Farbe und deren Faszination in den Hintergrund treten ...
(Christiane Meyer-Stoll und Axel Jablonski in: Raumvorstellungen, Künstlerwerkstatt Lothringerstraße 13)
Verlangsamung und Beschleunigung als simultane Bewegungen sind die Parameter, denen Siegrun Appelts Blick auf die Stadt folgt. Folienhaft werden beide Prinzipien in ihren Videoarbeiten so ineinander geblendet, dass ein entleerter, auf sein strukturelles Gerüst reduzierter Raum des Instabilen und Transitorischen entsteht. Dabei tritt in den konzeptuellen Vorentscheidungen ihrer Filme die künstlerische Autorenschaft zutage, welche Spielorte und Kamerapositionen festlegt. Der konsequente Verzicht auf Annäherungen von Kameralinse und Betrachterauge im Sinne einer subjektiven, regiebedingten Blickführung macht die Videokamera zum rein technischen Aufzeichnungsgerät. Ob sie eine Zugfahrt im Ruhrgebiet oder einen Gang durch die Tiefgarage der Sony-Baustelle aufnimmt ihre über die konstanten Einstellungen berechenbare Erfassung des Raumes erzeugt eine Atmosphäre von Ereignislosigkleit und Leere. Gerade dieser apparative Minimalismus bietet der Wahrnehmung ein Feld, in dem Entgrenzung zur Bedingung ästhetischer Erfahrung wird: So offenbaren indurstrielle Nutzlandschaften und urbane Wohnbebauungen bei aller kühlen Distanziertheit der Bilder eine lichtdurchströmte Transparenz, die an impressionistische Landschaftsmalerei erinnert. Oder hinter der Härte lichtloser Betonfluchten scheint etwas auf vom poetischen Weltbezug eines Jules Verne oder Lewis Carroll. Trotz ihrer topografischen Benennung erweisen sich die menschenleeren Orte in Siegrun Appelts Videos als austauschbare Unorte mit Passagencharakter. Baustelle und Zugfahrt werden so zu Metaphern raum-zeitlicher Bewegung.
(Gudrun Bott in: Urbane Sequenzen, Kunsthalle Erfurt 2002)
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